Der Baum als Markenzeichen der Firma Böker ist weltbekannt. Auf der Homepage der Firma ist zu lesen, daß als Vorbild für dieses Zeichen ein Kastanienbaum diente, "der die erfolgreiche Remscheider Handwerkzeug-Fabrik der Familie Böker überschattete." Das Zeichen des Baumes habe der Remscheider Firma gehört und Heinrich Böker habe es für sein 1869 neugegründetes Werk in Solingen übernehmen dürfen.
Bei meinen Recherchen habe ich auch verschiedene Markenanmeldungen der Böker-Firmen gefunden. Die Anmeldung vom 3. Juni 1870 beim Königlichen Gewerbegericht in Solingen zeigt das Zeichen mit der einfachen Beschreibung "der Baum". Trotz der falschen Schreibweise des Namens mit "Fabrikhandlung Heinrich Becker & Cie. am Wehrwolf Gemeinde Dorp" ist klar, daß die Solinger Fabrik Heinrich Böker gemeint ist. Von "Böker" über "Böcker", wie der Name oft in alten Quellen auftaucht, zu "Becker" ist es nicht weit. Und das Baumwerk Heinrich Böker in Solingen steht noch heute im Solinger Stadtteil Dorp an der Schützenstraße, die die Verlängerung zur Straße "Werwolf" bildet.
Der Baum auf dem Solinger Markenzeichen unterscheidet sich deutlich von der früheren Anmeldung der "Handlung R. & H. Böker zu Remscheid" vom 25. Juni 1859. Der dort abgebildete Baum hat eine schirmförmige Krone und wird flankiert von den Buchstaben "B B".
Obwohl dieses Markenzeichen 1859 angemeldet wurde, ist es tatsächlich schon länger im Besitz der Firma Böker. Diese Neuanmeldung ist vermutlich auf eine veränderte Gesetzgebung zurückzuführen, nämlich die "Verordnung zum Schutz der Fabrikzeichen von Eisen- und Stahlwaren für die Provinz Westfalen und die Rheinprovinz" von 1847.
Daß das Zeichen schon früher vergeben wurde, geht auch aus einem Artikel in einer juristischen Zeitschrift von 1854 hervor. Dort heißt es: "Das Handelshaus J. G. Böcker und Söhne oder R. und H. Böcker zu Remscheid, ist nach Maaßgabe des Gesetzes vom 18. August 1847 im ausschließlichen Gebrauche eines Fabrikzeichens für seine Eisen- und Stahlwaaren, welches einen Apfelbaum mit den Buchstaben B. B. und B. S. darstellt."
Ein Apfelbaum also, keine Kastanie? Als ich dieses Zitat gefunden hatte, war mir nicht klar, welche Bedeutung ich dem beimessen sollte. In dem genannten Artikel geht es um einen Rechtsstreit mit einer Konkurrenzfirma, die ein sehr ähnliches Zeichen auf ihre Waren geschlagen hatte. Ich dachte, daß es dabei mehr um den Baum an sich als Markenzeichen ging und nicht um die Art des Baumes. Aber dann habe ich die vermutlich allererste Anmeldung eines Zeichens der Firma Böker gefunden.
Die Zeichenrolle des Cronenberger Handwerksgerichts wurde aufgrund einer landesherrlichen Verfügung von 1765 eingerichtet und enthält Anmeldungen von Fabrikzeichen der Jahre 1766 bis 1829 aus den Gemeinden Cronenberg, Lüttringhausen und Remscheid. Die Einträge sind sehr schwer zu entziffern, und obwohl ich schon länger eine Kopie davon besitze, habe ich bisher nur einen kleinen Teil davon ausgewertet. Um die Frage zu klären, welcher Baum denn nun auf dem Bökerschen Markenzeichen abgebildet ist, habe ich einen neuen Anlauf gestartet und tatsächlich eine Anmeldung vom September 1792 gefunden.
Ich gebe hier den Inhalt teilweise mit eigenen Worte wieder. Leider ist der Text an vielen Stellen unklar, insbesondere auch da, wo der Name des Baums genannt wird. Ich erkenne ein "a??elbaum". An der Stelle der Fragezeichen könnte ein "st" stehen, ein "ft", ein "ff" oder ein "ß". Wer möchte, kann sich ja mal selbst am Originaltext versuchen (Link unten):
"1792 den 29. September präsentierte Gottfried
Böker aus Vieringhausen im Kirchspiel
Remscheid das Zeichen den Apfelbaum,
welches auf allerhand Stahl- und Eisen-
waren geprägt werden soll. Dies Zeichen
ist in den Kirchen des Handwerks-
distrikts proklamiert worden
und wie es hier neben abgedruckt
steht."
Das in Siegellack eingeprägte Zeichen interpretiere ich in Anlehnung an das obige Zeichen von 1859 als Baum mit den Buchstaben G und B (für Gottfried Böker):
Um abschließend zu klären, was genau in dieser Markenanmeldung steht und auf dem abgedruckten Zeichen zu sehen ist, wird es wohl einen Experten brauchen, der sich das Original in Remscheid mal genauer ansieht. Aber selbst wenn sich der Apfelbaum bestätigen sollte, kann das spätere Zeichen von Heinrich Böker trotzdem einen Kastanienbaum darstellen. Interessant ist die Sache auf jeden Fall.
Quellenangaben:
Markenanmeldung vom 3. Juni 1870:
Amtsblatt für den Regierungsbezirk Düsseldorf
[Bayerische Staatsbibliothek München]
Markenanmeldung vom 25. Juni 1859:
Amtsblatt für den Regierungsbezirk Düsseldorf
[Google Buchsuche]
Markenanmeldung vom 29. September 1792:
Zeichenrolle des Cronenberger Handwerksgerichts
Historisches Zentrum der Stadt Remscheid
Verfahren gegen Gebr. Wirths:
Archiv für das Civil- und Criminal-Recht der Königl. Preuß. Rheinprovinzen, 1854
[Google Buchsuche]
Zeitlinie der Böker-Marken:
http://www.boker.de/pdf/knifeworld.pdf (letzte Seite)
Freitag, 31. Dezember 2010
Frühe Markenzeichen der Firma Böker
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Werkzeughersteller
Montag, 27. Dezember 2010
Hobelbau klassisch - Hobelbauerwerkzeuge
In meinem Beitrag über das Ausstemmen des Spanlochs habe ich auch die Werkzeuge einer französischen Firma erwähnt. Von Pierre Bouillot, dem Autor des Buches, in dem diese Werkzeuge zu finden sind, habe ich mittlerweile eine bessere Abbildung bekommen mit der Erlaubnis, diese hier zu veröffentlichen.

Werkzeuge für den Hobelbau, Abbildung aus dem Buch:
Les Rabots, Pierre Bouillot et al., Edition Vial, 2010
Diese Werkzeuge stammen aus der Fabrik "Le Sorbier" in Lyon (Sammlung Denuzière). Die Abbildung zeigt eine Anzahl von Stichsägen verschiedener Größe mit Bezahnung auf Stoß. Außerdem sind zwei mir bisher unbekannte Sägen mit doppeltem seitlichem Blatt abgebildet, die auf Zug schneiden. Auch mehrere Floats (écouannes) sind zu sehen in verschiedenen Breiten. Die schmalsten Floats sind fast schon Sägen, sodaß man sagen könnte, daß alle Übergangsformen zwischen Säge und Float benutzt wurden.
Beitel und Bohrer sind hier nicht gezeigt, aber man kann davon ausgehen, daß die französichen Hobelbauer auch davon eine Auswahl benutzt haben.
Werkzeuge für den Hobelbau, Abbildung aus dem Buch:
Les Rabots, Pierre Bouillot et al., Edition Vial, 2010
Diese Werkzeuge stammen aus der Fabrik "Le Sorbier" in Lyon (Sammlung Denuzière). Die Abbildung zeigt eine Anzahl von Stichsägen verschiedener Größe mit Bezahnung auf Stoß. Außerdem sind zwei mir bisher unbekannte Sägen mit doppeltem seitlichem Blatt abgebildet, die auf Zug schneiden. Auch mehrere Floats (écouannes) sind zu sehen in verschiedenen Breiten. Die schmalsten Floats sind fast schon Sägen, sodaß man sagen könnte, daß alle Übergangsformen zwischen Säge und Float benutzt wurden.
Beitel und Bohrer sind hier nicht gezeigt, aber man kann davon ausgehen, daß die französichen Hobelbauer auch davon eine Auswahl benutzt haben.
Freitag, 3. Dezember 2010
Hobelbau klassisch - Der Keil
Hier geht's zum vorherigen Beitrag.
Die Überschrift ist eigentlich ein bißchen zu weit gegriffen, denn der Keil ist noch nicht ganz fertig. Eine 50 mm breite Holzleiste anzufertigen und an einem Ende abzuschrägen hatte ich mir einfacher vorgestellt. Aber damit ist es auch nicht getan.
Mein Weißbuchenklotz war zu klein für Hobelkörper und Keil, aber zum Glück hatte ich vor zwei Jahren einen ein Meter langen Stammabschnitt einer großen Weißbuche ergattert. In unserem Ort war endlich ein Bürgersteig gebaut worden und mehrere Bäume mußten weichen. Damit habe ich also genug Holz für meinen Keil und sicher noch mehr "Hobel und anderes" in der nächsten Zeit. Aus einer Stammhälfte habe ich mir ein genügend großes Stück ausgeschnitten, mit Säge, Schrupphobel und Rauhbank abgerichtet, abgeschrägt und auf die richtige Breite gebracht. Um genügend Spielraum zu behalten, habe ich den Keil zunächst deutlich länger als nötig gelassen.
Das Einpassen war zunächst nicht so erfolgreich, denn die Wangennuten waren entsprechend den Anrissen auf der Außenseite eher nach Gefühl gesägt und gestemmt. Als der Keil nach mehreren Versuchen nicht passen wollte, habe ich einsehen müssen, daß ich die Nuten erst einmal genauer ausarbeiten muß.
Die hintere Begrenzung der Wangennuten bildet das Hobeleisenbett und läßt sich mit einem breiten und scharfen Beitel relativ leicht herstellen. Die seitliche Wand ist unkritisch. Das Problem für mich waren die Rückseiten der Wangen, an denen sich der Keil abstützt. Diese müssen nicht nur im richtigen Winkel zum Bett stehen, sondern auch auf beiden Seiten den gleichen Abstand dazu haben. Dazu kommt noch, daß diese schmalen Flächen schlecht zugänglich sind. Síe können nur von oben mit einem Beitel bearbeitet werden (auf Floats wollte ich ja verzichten), der noch dazu gegen die Faser arbeiten muß. Um überhaupt eine Chance zu haben, habe ich mir deshalb eine kleine Lehre aus einem Stück Eichenholz gemacht, um den Winkel und die Weite der Wangennuten überprüfen zu können.
Mit Hilfe der Lehre sind die Wangennuten schließlich ganz passabel geworden. Jetzt konnte ich bei eingesetztem Eisen den Keil an die Nuten anpassen. Das ging relativ schnell, und Fehler ließen sich leicht korrigieren durch die zusätzliche Länge des Keils.
Zeit für einen ersten Test! Das Hobeleisen habe ich nach Friedrichs Anleitung geschärft. Mittlerweile komme ich mit den Wassersteinen ganz gut zurecht und weine dem Scary-Sharp-Verfahren mit Naßschleifpapier keine Träne nach. Als das Eisen rasiermesserscharf war, habe ich unten aus dem Keil noch eine provisorische Aussparung ausgeschnitten, um den Weg für die Späne zu öffnen. Und hier seht ihr den Hobel in seinem derzeitigen Zustand mit einigen Spänen von der Kante eines Eichenbrettes.
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Die Überschrift ist eigentlich ein bißchen zu weit gegriffen, denn der Keil ist noch nicht ganz fertig. Eine 50 mm breite Holzleiste anzufertigen und an einem Ende abzuschrägen hatte ich mir einfacher vorgestellt. Aber damit ist es auch nicht getan.
Mein Weißbuchenklotz war zu klein für Hobelkörper und Keil, aber zum Glück hatte ich vor zwei Jahren einen ein Meter langen Stammabschnitt einer großen Weißbuche ergattert. In unserem Ort war endlich ein Bürgersteig gebaut worden und mehrere Bäume mußten weichen. Damit habe ich also genug Holz für meinen Keil und sicher noch mehr "Hobel und anderes" in der nächsten Zeit. Aus einer Stammhälfte habe ich mir ein genügend großes Stück ausgeschnitten, mit Säge, Schrupphobel und Rauhbank abgerichtet, abgeschrägt und auf die richtige Breite gebracht. Um genügend Spielraum zu behalten, habe ich den Keil zunächst deutlich länger als nötig gelassen.
Das Einpassen war zunächst nicht so erfolgreich, denn die Wangennuten waren entsprechend den Anrissen auf der Außenseite eher nach Gefühl gesägt und gestemmt. Als der Keil nach mehreren Versuchen nicht passen wollte, habe ich einsehen müssen, daß ich die Nuten erst einmal genauer ausarbeiten muß.
Die hintere Begrenzung der Wangennuten bildet das Hobeleisenbett und läßt sich mit einem breiten und scharfen Beitel relativ leicht herstellen. Die seitliche Wand ist unkritisch. Das Problem für mich waren die Rückseiten der Wangen, an denen sich der Keil abstützt. Diese müssen nicht nur im richtigen Winkel zum Bett stehen, sondern auch auf beiden Seiten den gleichen Abstand dazu haben. Dazu kommt noch, daß diese schmalen Flächen schlecht zugänglich sind. Síe können nur von oben mit einem Beitel bearbeitet werden (auf Floats wollte ich ja verzichten), der noch dazu gegen die Faser arbeiten muß. Um überhaupt eine Chance zu haben, habe ich mir deshalb eine kleine Lehre aus einem Stück Eichenholz gemacht, um den Winkel und die Weite der Wangennuten überprüfen zu können.
Mit Hilfe der Lehre sind die Wangennuten schließlich ganz passabel geworden. Jetzt konnte ich bei eingesetztem Eisen den Keil an die Nuten anpassen. Das ging relativ schnell, und Fehler ließen sich leicht korrigieren durch die zusätzliche Länge des Keils.
Zeit für einen ersten Test! Das Hobeleisen habe ich nach Friedrichs Anleitung geschärft. Mittlerweile komme ich mit den Wassersteinen ganz gut zurecht und weine dem Scary-Sharp-Verfahren mit Naßschleifpapier keine Träne nach. Als das Eisen rasiermesserscharf war, habe ich unten aus dem Keil noch eine provisorische Aussparung ausgeschnitten, um den Weg für die Späne zu öffnen. Und hier seht ihr den Hobel in seinem derzeitigen Zustand mit einigen Spänen von der Kante eines Eichenbrettes.
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Donnerstag, 2. Dezember 2010
Zum Advent: Hobelspäne backen
Alte Lexika sind eine wichtige und interessante Quelle, wenn man wissen möchte, mit welchen Werkzeugen unsere Vorfahren gearbeitet haben. Auf der Suche nach Namen und Beschreibungen von Hobeln bin ich in der "Oeconomischen Encyclopädie" des Johann Georg Krünitz auf dieses über zweihundert Jahre alte Rezept für ein Gebäck namens Hobelspäne gestoßen:
Das hört sich doch lecker an, zumal Zutaten und Zubereitung an die Herstellung von Marzipan erinnern. Wissen muß man noch, daß ein "Loth" zwischen 14 und 18 Gramm waren (lt. Wikipedia). Und mit "geläutertem Zucker" wird wohl raffinierter Zucker gemeint sein, also das, was wir als den normalen Haushaltszucker kennen. Die Spindel kennt doch sicher jeder aus dem "Dornröschen", oder? Man kann auch ein einfaches Rundholz (Besenstiel) nehmen. Was eine Tortenpfanne ist, habe ich nicht herausgefunden, aber ich denke, daß eine Art flache Bratpfanne damit gemeint ist. Im Backofen kann man ein normales Backblech nehmen oder eine Tarteform.

Unter dem Eintrag "Mandelspäne", auf den oben verwiesen wurde, steht eine weitere Variante dieses Rezepts. Interessant finde ich an dieser Beschreibung auch, wie man früher ohne Küchenmaschine und Backpapier ausgekommen ist:
Für dieses Jahr sind bei uns zu Hause schon alle Plätzchen fertig gebacken. Aber wenn jemand Lust hat dieses Rezept auszuprobieren, würde ich mich freuen zu hören, wie es geschmeckt hat.

Quellen:
http://books.google.de/books?id=vsNCAAAAYAAJ&pg=PA49 (24. Theil, 1790)
http://books.google.de/books?id=SQE2AAAAMAAJ&pg=PA761 (1. Theil, 1782)
Projekt 'Krünitz Online' der Uni Trier
Auch ein gewisses Gebackenes von Mandeln und Zucker, welches diesen Spänen von außen gleicht, wird Hobelspäne genannt.
Man nimmt 3 Eyer, rührt darunter 8 Loth gestoßene Mandeln, und 10 Loth geläuterten Zucker, rührt es eine gute halbe Stunde, schneidet Oblaten nach der Länge, streicht den Teig, nachdem er abgerührt ist, darein, und bäckt sie in einer Tortenpfanne, nimmt sie alsdenn heraus, und beugt sie krumm, indem sie noch warm sind.
Oder: Man nimmt geschälte und mit Rosenwasser abgestoßene Mandeln, 1/4 Pfund, und eben so viel feinen Zucker, streicht es, so dünn als möglich, auf eine Oblate, zerschneidet sie in schmahle Stückchen, wickelt sie um eine Spindel, läßt sie an derselben trocken werden, nimmt sie dernach sacht von der Spindel ab, legt sie auf Papier, und bäckt sie in einer Tortenpfanne. Siehe auch Mandel-Späne, Th. I, S 761.
Man nimmt 3 Eyer, rührt darunter 8 Loth gestoßene Mandeln, und 10 Loth geläuterten Zucker, rührt es eine gute halbe Stunde, schneidet Oblaten nach der Länge, streicht den Teig, nachdem er abgerührt ist, darein, und bäckt sie in einer Tortenpfanne, nimmt sie alsdenn heraus, und beugt sie krumm, indem sie noch warm sind.
Oder: Man nimmt geschälte und mit Rosenwasser abgestoßene Mandeln, 1/4 Pfund, und eben so viel feinen Zucker, streicht es, so dünn als möglich, auf eine Oblate, zerschneidet sie in schmahle Stückchen, wickelt sie um eine Spindel, läßt sie an derselben trocken werden, nimmt sie dernach sacht von der Spindel ab, legt sie auf Papier, und bäckt sie in einer Tortenpfanne. Siehe auch Mandel-Späne, Th. I, S 761.
Das hört sich doch lecker an, zumal Zutaten und Zubereitung an die Herstellung von Marzipan erinnern. Wissen muß man noch, daß ein "Loth" zwischen 14 und 18 Gramm waren (lt. Wikipedia). Und mit "geläutertem Zucker" wird wohl raffinierter Zucker gemeint sein, also das, was wir als den normalen Haushaltszucker kennen. Die Spindel kennt doch sicher jeder aus dem "Dornröschen", oder? Man kann auch ein einfaches Rundholz (Besenstiel) nehmen. Was eine Tortenpfanne ist, habe ich nicht herausgefunden, aber ich denke, daß eine Art flache Bratpfanne damit gemeint ist. Im Backofen kann man ein normales Backblech nehmen oder eine Tarteform.
Unter dem Eintrag "Mandelspäne", auf den oben verwiesen wurde, steht eine weitere Variante dieses Rezepts. Interessant finde ich an dieser Beschreibung auch, wie man früher ohne Küchenmaschine und Backpapier ausgekommen ist:
Mandel=Späne, oder Hobel=Späne. Man kann ein oder zwey Pfund Mandeln nehmen, nachdem man gebrauchet, auch etwann den vierten Theil bittere Mandeln dazu nehmen, und solche klein stoßen; alsdenn auf ein Pfund Mandeln 1/2 Pfund fein geriebenen Zucker; hat man aber bittere Mandeln mit dazu genommen, so rühret man 3/4 Pfund Zucker mit den Mandeln wohl durch einander; alsdenn wird auf ein Pfund Mandeln das Weiße von 6 Eiern mit einer birkenen Ruthe zu einem Schnee oder steifen Schaum geschlagen und dazu gerührt; sodenn ein Eisenblech, dergleichen die Bäcker gebrauchen, sauber rein und warm gemacht, mit reinem Wachs wohl beschmieret, von den angerührten Mandeln einen Messerrücken dick, ganz eben und dicht überher darauf gethan, und in einem Backofen, welcher nicht zu heiß, sondern meist verschlagen ist, gelblich gebacken. Sogleich als man es heraus nimmt, schneidet man es in breite Striemen, ungefähr 2 Finger breit und 2 Finger lang, und wickelt solche auf runde Hölzer, daß es wie Hobelspäne aussieht. Die oberste Seite von dem Gebackenen muß auch oben bleiben. Bei dem Abschneiden und Umwickeln mus man etwas geschwinde verfahren, sonst wird es hart und zerbricht. Wenn es hart ist, kann man es von den Hölzern abziehen, und bis zum Anrichten ein wenig warm und trocken halten; sonst pflegt es nachzulassen und weich zu werden. Wenn man keine Gelegenheit mit einem Backofen hat, so muß man es nach und nach in einer Tortenpfanne also gar machen. Man kann auch sonst bey dem Aufwickeln allerhand Figuren oder Modelle davon machen. Es ist ein schön leicht Gebackenes; man muß sich aber bei dem Backen wohl in Acht nehmen, weil es leicht braun wird.
Für dieses Jahr sind bei uns zu Hause schon alle Plätzchen fertig gebacken. Aber wenn jemand Lust hat dieses Rezept auszuprobieren, würde ich mich freuen zu hören, wie es geschmeckt hat.
Quellen:
http://books.google.de/books?id=vsNCAAAAYAAJ&pg=PA49 (24. Theil, 1790)
http://books.google.de/books?id=SQE2AAAAMAAJ&pg=PA761 (1. Theil, 1782)
Projekt 'Krünitz Online' der Uni Trier
Dienstag, 16. November 2010
Hobelbau klassisch - Spanloch ausstemmen
Hier geht's zum vorherigen Beitrag.
Das Spanloch eines Hobels mit Wangenwiderlager mit seinen vielen verwinkelten Flächen stellt eine große Herausforderung dar. Ich bin das etwas zu naiv angegangen und dachte, mit Bohrern, einem Lochbeitel und einem Satz Stechbeitel wird das schon gehen.
Tatsächlich kommt man damit schon recht weit. Einen großen Teil des Abfalls habe ich mit einem Zentrumbohrer in der Bohrwinde und, entlang der Eisenauflage und der Vorderwand des Spanlochs, mit einem kleineren Bohrer entfernt. Die Reste zwischen den Bohrlöchern ließen sich gut mit Stechbeiteln entfernen. Als ich bei zwei Dritteln der Tiefe angelangt war, habe ich das Hobelmaul von unten einige Millimeter tief ausgestochen und von da aus mit einem dünnen Bohrer mehrmals nach oben durchgebohrt. Damit verhindert man beim Tiefergehen Ausbrüche am Hobelmaul. Dann ging es von oben weiter mit Stechbeiteln, bis - von den Anrissen außen und den Bohrungen von unten geleitet - das Hobelmaul geöffnet war.
Schwierigkeiten bekam ich bei dem Versuch, die seitlichen Vertiefungen zwischen Eisenbett und Wangenwiderlager zu bohren bzw. auszustemmen. Da hätte ich vielleicht vorher noch mal nachlesen sollen, denn Whelan empfiehlt für diesen Zweck eine Schlüssellochsäge. So eine Säge habe ich leider nicht, aber mit einer traditionellen Stichsäge gelangen mir die Einschnitte dann recht gut. Jetzt war ich neugierig geworden und habe erst einmal versucht herauszufinden, welche Werkzeuge denn die alten Hobelbauer benutzt haben.
Die Ausbeute dieser Suche ist recht überschaubar, denn es gibt nicht viele Quellen. Auf die Artikelserie von William J. Armour aus dem Jahr 1898 hatte ich im letzten Beitrag schon verwiesen. Weitere Quellen in der Literatur habe ich unten aufgelistet.
Kurz gesagt bestand der Werkzeugsatz eines Hobelmachers aus einer Anzahl Beiteln (Lochbeitel, verschiedene Stechbeitel, teilweise mit schräg geschliffener Schneide oder an Schnitzmesser erinnernd), mehreren kleinen Sägen ähnlich den Schlüssellochsägen und verschiedenen Schablonen und Klemmvorrichtungen. In den englischen, amerikanischen und französischen Sammlungen sind außerdem sogenannte Floats enthalten. Das sind Werkzeuge zum Schaben, die man als Mischung aus Hobel, Säge und Raspel beschreiben könnte und die eine saubere und ebene Oberfläche auf schwer zugänglichen Bereichen erzeugen.
Die Sägen werden so beschrieben, daß ihre Zähne nicht geschränkt und schräg angeschliffen sind. Das entspricht genau einer Stich- oder Lochsäge, wie sie in Deutschland früher üblich war. Ich könnte mir vorstellen, daß es zum Einsägen der seitlichen Vertiefungen von oben günstig wäre, wenn das Blatt einer solchen Säge nicht spitz ausläuft, sondern eher wie bei einem Fuchsschwanz stumpf oder abgerundet. Eine Bezahnung auf Zug würde das Arbeiten in dem beengten Raum erleichtern und das Blatt könnte dann auch dünner gehalten werden. Ich habe, wie gesagt, eine Stichsäge verwendet, aber die Schnittflächen noch mit Beiteln nacharbeiten müssen.
Was ich für meinen Hobelbau nicht verwenden will, sind die genannten Floats, denn unsere frühen Hobelmacher mußten auch ohne sie auskommen. Das beweist ein Reisebericht von Karl Karmarsch (Polytechnisches Journal, 1852: "Eigenthümliche Art Raspeln"), der schreibt: "Ich gebe den Werkzeugen, von welchen ich hier sprechen will, den Namen Raspeln, weil ich keine deutsche Benennung dafür weiß, indem der Gegenstand bei uns völlig unbekannt ist." Ich glaube, daß man alle Arbeiten, für die z. B. in England Floats verwendet wurden, auch mit (eventuell entsprechend zurechtgeschliffenen) Beiteln oder mit der Stichsäge machen kann.
Hier sieht man jetzt den aktuellen Stand meiner Arbeit. Die Spanöffnung ist fast fertiggestellt. Das Eisen läßt sich schon einsetzen, aber der Bereich zwischen Eisen und Widerlager muß noch etwas verbreitert werden, damit der Keil (hier von einem anderen Hobel ausgeliehen) tiefer kommt. Alle Flächen müssen noch abschließend geputzt werden. Das gilt besonders für das Eisenbett, das vollkommen eben sein muß. In verschiedenen Quellen wird berichtet, daß die Eisenauflage mit einem breiten Beitel mit langem Griff bearbeitet wird, wobei der Beitel mit der Schulter geschoben wird. Das kann man sehr schön sehen in dem Video über die Firma Raggenbass, das ich in diesem Beitrag vorgestellt habe.
Jetzt werde ich mich an den Keil machen. Bis dann!
Hier geht's zum nächsten Beitrag
Quellenangaben:
Werkzeuge von englischen Hobelbauern befinden sich in der Hawley Collection in Sheffield. Dort gibt es auch einen Film über die Arbeit eines der letzten Hobelmacher bei William Marples.
Die Werkzeuge in dieser Sammlung werden gezeigt in dem Buch
British Planemakers from 1700, W. L. Goodman, Astragal Press, 1993
und im
Dictionary of Woodworking Tools, R. A. Salaman, Astragal Press, 1997
Ein Bericht über die Werkzeuge eines amerikanischen Hobelbauers ist in dieser Zeitschrift erschienen:
Making wood planes in America, The Chronicle, Vol. VIII, EAIA, 1955
Werkzeuge für den Hobelbau, die von einer französischen Firma stammen, sind abgebildet und beschrieben in
Les Rabots, Pierre Bouillot et al., Edition Vial, 2010
Das Spanloch eines Hobels mit Wangenwiderlager mit seinen vielen verwinkelten Flächen stellt eine große Herausforderung dar. Ich bin das etwas zu naiv angegangen und dachte, mit Bohrern, einem Lochbeitel und einem Satz Stechbeitel wird das schon gehen.
Tatsächlich kommt man damit schon recht weit. Einen großen Teil des Abfalls habe ich mit einem Zentrumbohrer in der Bohrwinde und, entlang der Eisenauflage und der Vorderwand des Spanlochs, mit einem kleineren Bohrer entfernt. Die Reste zwischen den Bohrlöchern ließen sich gut mit Stechbeiteln entfernen. Als ich bei zwei Dritteln der Tiefe angelangt war, habe ich das Hobelmaul von unten einige Millimeter tief ausgestochen und von da aus mit einem dünnen Bohrer mehrmals nach oben durchgebohrt. Damit verhindert man beim Tiefergehen Ausbrüche am Hobelmaul. Dann ging es von oben weiter mit Stechbeiteln, bis - von den Anrissen außen und den Bohrungen von unten geleitet - das Hobelmaul geöffnet war.
Schwierigkeiten bekam ich bei dem Versuch, die seitlichen Vertiefungen zwischen Eisenbett und Wangenwiderlager zu bohren bzw. auszustemmen. Da hätte ich vielleicht vorher noch mal nachlesen sollen, denn Whelan empfiehlt für diesen Zweck eine Schlüssellochsäge. So eine Säge habe ich leider nicht, aber mit einer traditionellen Stichsäge gelangen mir die Einschnitte dann recht gut. Jetzt war ich neugierig geworden und habe erst einmal versucht herauszufinden, welche Werkzeuge denn die alten Hobelbauer benutzt haben.
Die Ausbeute dieser Suche ist recht überschaubar, denn es gibt nicht viele Quellen. Auf die Artikelserie von William J. Armour aus dem Jahr 1898 hatte ich im letzten Beitrag schon verwiesen. Weitere Quellen in der Literatur habe ich unten aufgelistet.
Kurz gesagt bestand der Werkzeugsatz eines Hobelmachers aus einer Anzahl Beiteln (Lochbeitel, verschiedene Stechbeitel, teilweise mit schräg geschliffener Schneide oder an Schnitzmesser erinnernd), mehreren kleinen Sägen ähnlich den Schlüssellochsägen und verschiedenen Schablonen und Klemmvorrichtungen. In den englischen, amerikanischen und französischen Sammlungen sind außerdem sogenannte Floats enthalten. Das sind Werkzeuge zum Schaben, die man als Mischung aus Hobel, Säge und Raspel beschreiben könnte und die eine saubere und ebene Oberfläche auf schwer zugänglichen Bereichen erzeugen.
Die Sägen werden so beschrieben, daß ihre Zähne nicht geschränkt und schräg angeschliffen sind. Das entspricht genau einer Stich- oder Lochsäge, wie sie in Deutschland früher üblich war. Ich könnte mir vorstellen, daß es zum Einsägen der seitlichen Vertiefungen von oben günstig wäre, wenn das Blatt einer solchen Säge nicht spitz ausläuft, sondern eher wie bei einem Fuchsschwanz stumpf oder abgerundet. Eine Bezahnung auf Zug würde das Arbeiten in dem beengten Raum erleichtern und das Blatt könnte dann auch dünner gehalten werden. Ich habe, wie gesagt, eine Stichsäge verwendet, aber die Schnittflächen noch mit Beiteln nacharbeiten müssen.
Was ich für meinen Hobelbau nicht verwenden will, sind die genannten Floats, denn unsere frühen Hobelmacher mußten auch ohne sie auskommen. Das beweist ein Reisebericht von Karl Karmarsch (Polytechnisches Journal, 1852: "Eigenthümliche Art Raspeln"), der schreibt: "Ich gebe den Werkzeugen, von welchen ich hier sprechen will, den Namen Raspeln, weil ich keine deutsche Benennung dafür weiß, indem der Gegenstand bei uns völlig unbekannt ist." Ich glaube, daß man alle Arbeiten, für die z. B. in England Floats verwendet wurden, auch mit (eventuell entsprechend zurechtgeschliffenen) Beiteln oder mit der Stichsäge machen kann.
Hier sieht man jetzt den aktuellen Stand meiner Arbeit. Die Spanöffnung ist fast fertiggestellt. Das Eisen läßt sich schon einsetzen, aber der Bereich zwischen Eisen und Widerlager muß noch etwas verbreitert werden, damit der Keil (hier von einem anderen Hobel ausgeliehen) tiefer kommt. Alle Flächen müssen noch abschließend geputzt werden. Das gilt besonders für das Eisenbett, das vollkommen eben sein muß. In verschiedenen Quellen wird berichtet, daß die Eisenauflage mit einem breiten Beitel mit langem Griff bearbeitet wird, wobei der Beitel mit der Schulter geschoben wird. Das kann man sehr schön sehen in dem Video über die Firma Raggenbass, das ich in diesem Beitrag vorgestellt habe.
Jetzt werde ich mich an den Keil machen. Bis dann!
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Quellenangaben:
Werkzeuge von englischen Hobelbauern befinden sich in der Hawley Collection in Sheffield. Dort gibt es auch einen Film über die Arbeit eines der letzten Hobelmacher bei William Marples.
Die Werkzeuge in dieser Sammlung werden gezeigt in dem Buch
British Planemakers from 1700, W. L. Goodman, Astragal Press, 1993
und im
Dictionary of Woodworking Tools, R. A. Salaman, Astragal Press, 1997
Ein Bericht über die Werkzeuge eines amerikanischen Hobelbauers ist in dieser Zeitschrift erschienen:
Making wood planes in America, The Chronicle, Vol. VIII, EAIA, 1955
Werkzeuge für den Hobelbau, die von einer französischen Firma stammen, sind abgebildet und beschrieben in
Les Rabots, Pierre Bouillot et al., Edition Vial, 2010
Donnerstag, 11. November 2010
Hobelbau klassisch - Das Projekt
Schon lange hatte ich vor, einen Hobel selbst zu bauen. Nicht daß ich unbedingt noch einen brauche, das wäre bei dem Umfang meiner Sammlung schwer zu rechtfertigen. Aber ich beschäftige mich viel mit den Herstellern von Hobeln, und schließlich habe ich Lust bekommen, selbst mal einen zu machen.
Die selbst gebauten Hobel, von denen in den diversen Foren berichtet wird, sind meistens entweder aus mehreren Teilen verleimte sogenannte Krenov-Hobel oder eher aufwendige Infill-Hobel aus Stahl, Messing und exotischen Hölzern. Ich will dagegen einen einfachen Fausthobel bauen, wie er in Deutschland und anderen mitteleuropäischen Ländern üblich ist, mit eingegrateter Nase und einem Wangenwiderlager. Da ich keine deutschsprachigen Quellen darüber kenne, wie diese Hobel hergestellt wurden, ist der Bau gleichzeitig eine Zeitreise in die frühen Werkzeugfabriken.
In meiner Werkstatt lagert schon länger ein Stück Weißbuche, das mir Andreas mitgebracht hat, als wir uns anläßlich der Ausstellung zur Firma Ott in Ochsenfurt getroffen haben. Auch schon einige Jahre steht in meinem Bücherregal das Buch "Making Traditional Wooden Planes" von John M. Whelan (Astragal Press, 1996). In meiner Sammlung fand sich schließlich ein praktisch neues Kirschen-Hobeleisen, ein Einfacheisen von 48 mm Breite. Der Weißbuchenblock wird nur einen Hobel von 22 cm Länge hergeben, und so habe ich mich entschieden, einen Putzhobel zu bauen. Zum Ausgleich dafür, daß das Eisen keine Klappe hat, werde ich ihm einen Bettungswinkel von 50 Grad geben.
Zuerst habe ich die mit Leim versiegelten Enden des Klotzes abgeschnitten, die Kernseite als zukünftige Sohle mit Schlicht- und Putzhobel abgerichtet und von da ausgehend Dicke und Breite des Hobels abgemessen und auf Maß gehobelt. Die Rechtwinkligkeit aller Kanten ist kritisch, steht im Whelan, und wenn man sich die komplexen Risse für das Hobelmaul anschaut, weiß man auch, warum. Das Hobeleisen muß perfekt gelagert sein und soll sich später auf Millimeterbruchteile genau einstellen lassen. Schon kleinere Ungenauigkeiten werden dann Schwierigkeiten bereiten oder den Hobel gänzlich unbrauchbar machen.
Das Photo zeigt den fertig vorbereiteten Weißbuchenklotz mit der angerissenen Spanöffnung und dem Hobelmaul. Seitlich sieht man die Linien für das Hobeleisenbett und die Vorderkante des Keils. An den oberen Kanten sieht man noch etwas Rinde. Ich hoffe, das wird beim Abrunden der Kanten wegfallen. Darin liegt auch der Grund, warum ich nicht die Splintseite als Sohle gewählt habe, wie es allgemein empfohlen wird.
Als nächstes steht jetzt das Aushöhlen des Spanlochs an. Bis dann!
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Links:
Practical Plane Making by William J. Armour
Building a Traditional Coffin Smoother by Leif (Norse Woodsmith)
Die selbst gebauten Hobel, von denen in den diversen Foren berichtet wird, sind meistens entweder aus mehreren Teilen verleimte sogenannte Krenov-Hobel oder eher aufwendige Infill-Hobel aus Stahl, Messing und exotischen Hölzern. Ich will dagegen einen einfachen Fausthobel bauen, wie er in Deutschland und anderen mitteleuropäischen Ländern üblich ist, mit eingegrateter Nase und einem Wangenwiderlager. Da ich keine deutschsprachigen Quellen darüber kenne, wie diese Hobel hergestellt wurden, ist der Bau gleichzeitig eine Zeitreise in die frühen Werkzeugfabriken.
In meiner Werkstatt lagert schon länger ein Stück Weißbuche, das mir Andreas mitgebracht hat, als wir uns anläßlich der Ausstellung zur Firma Ott in Ochsenfurt getroffen haben. Auch schon einige Jahre steht in meinem Bücherregal das Buch "Making Traditional Wooden Planes" von John M. Whelan (Astragal Press, 1996). In meiner Sammlung fand sich schließlich ein praktisch neues Kirschen-Hobeleisen, ein Einfacheisen von 48 mm Breite. Der Weißbuchenblock wird nur einen Hobel von 22 cm Länge hergeben, und so habe ich mich entschieden, einen Putzhobel zu bauen. Zum Ausgleich dafür, daß das Eisen keine Klappe hat, werde ich ihm einen Bettungswinkel von 50 Grad geben.
Zuerst habe ich die mit Leim versiegelten Enden des Klotzes abgeschnitten, die Kernseite als zukünftige Sohle mit Schlicht- und Putzhobel abgerichtet und von da ausgehend Dicke und Breite des Hobels abgemessen und auf Maß gehobelt. Die Rechtwinkligkeit aller Kanten ist kritisch, steht im Whelan, und wenn man sich die komplexen Risse für das Hobelmaul anschaut, weiß man auch, warum. Das Hobeleisen muß perfekt gelagert sein und soll sich später auf Millimeterbruchteile genau einstellen lassen. Schon kleinere Ungenauigkeiten werden dann Schwierigkeiten bereiten oder den Hobel gänzlich unbrauchbar machen.
Das Photo zeigt den fertig vorbereiteten Weißbuchenklotz mit der angerissenen Spanöffnung und dem Hobelmaul. Seitlich sieht man die Linien für das Hobeleisenbett und die Vorderkante des Keils. An den oberen Kanten sieht man noch etwas Rinde. Ich hoffe, das wird beim Abrunden der Kanten wegfallen. Darin liegt auch der Grund, warum ich nicht die Splintseite als Sohle gewählt habe, wie es allgemein empfohlen wird.
Als nächstes steht jetzt das Aushöhlen des Spanlochs an. Bis dann!
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Links:
Practical Plane Making by William J. Armour
Building a Traditional Coffin Smoother by Leif (Norse Woodsmith)
Dienstag, 9. November 2010
Die Werkzeugfabrik Baldauf - eine Schweizer Gründung?
Die Werkzeugfabrik von Bölsterli ist mir zum ersten Mal begegnet in Josef Grebers Buch "Die Geschichte des Hobels". Vom Stadtarchiv in Stuttgart habe ich dann erfahren, daß die Firma Baldauf ihre Geschichte als "Werkzeugfabrik Bölsterli" begonnen hatte. Bestätigt fand ich die Namensänderung auch in verschiedenen Berichten zu Weltausstellungen: etwa um 1860 wurde aus der Werkzeugfabrik "C. Bölsterli & Co." die Firma "G. Baldauf".
Auf die Schweizer Spur brachte mich schließlich das Landesarchiv Baden-Württemberg. In dessen Online-Katalog findet man ein Dokument der Gemeinde Warmbronn (10 km westlich von Stuttgart) von 1842 mit dem Titel: "Gesuch des Werkzeugfabrikanten Caspar Bölsterli von Oberwinterthur, Kanton Zürich, um Aufnahme in das württ. Staatsbürgerrecht zwecks bürgerlicher Niederlassung in Warmbronn und Eheschließung mit Rosine Horn daselbst". Jetzt wußte ich also nicht nur den Vornamen des Fabrikgründers, sondern auch seine Herkunft. Richtig interessant wurde es aber, als ich mit diesen Informationen weitergesucht habe.
Im Zürcherischen Wochenblatt vom 11. Januar 1836 fand ich die folgende "Amtliche Anzeige":
"In Folge erhaltener Anzeige, daß Schreiner Caspar Bölsterli von Oberwinterthur, sesshaft gewesen in Unterstraß, sich von Hause entfernt und niemand kund gethan, wohin er sich verfügt habe, wird derselbe andurch aufgefordert, binnen 4 Wochen, von endsgesetztem Tag angerechnet, zurückzukehren und seinen Gläubigern Rede und Antwort zu geben, unter Androhung, daß ohne dieses seine Entfernung als Schuldenhalber angesehen und Concurs über ihn verhängt würde.
Zürich, den 5. Januar 1836."
Diese Anzeige läßt vermuten, daß Bölsterli nicht ganz freiwillig nach Stuttgart gekommen war. Tatsächlich steckte er nicht nur in wirtschaftlichen Schwierigkeiten, sondern auch sein Privatleben war etwas durcheinandergeraten. Das schließe ich aus einem Gerichtsurteil, das in einem Band der "Beiträge zur Kunde und Fortbildung der Zürcherischen Rechtspflege" erschienen ist. Darin wird ausführlich ein Gerichtsurteil von 1839 aufgrund einer Beschwerde besprochen, die "der in Zürich seßhafte Kaspar Bölsterli, von Winterthur" vor dem zuständigen Bezirksgericht vorgebracht hatte. Dabei geht es um ein Schlichtungsverfahren in der Ehescheidung, die Bölsterli verlangt hatte.
Das glückliche Ende der Geschichte hat dann wohl so ausgesehen:
Abgebrannt und geschieden taucht Bölsterli im Königreich Württemberg auf, um in Warmbronn eine neue Ehe einzugehen und in Stuttgart Deutschlands erste Werkzeugfabrik zu gründen.
Auf die Schweizer Spur brachte mich schließlich das Landesarchiv Baden-Württemberg. In dessen Online-Katalog findet man ein Dokument der Gemeinde Warmbronn (10 km westlich von Stuttgart) von 1842 mit dem Titel: "Gesuch des Werkzeugfabrikanten Caspar Bölsterli von Oberwinterthur, Kanton Zürich, um Aufnahme in das württ. Staatsbürgerrecht zwecks bürgerlicher Niederlassung in Warmbronn und Eheschließung mit Rosine Horn daselbst". Jetzt wußte ich also nicht nur den Vornamen des Fabrikgründers, sondern auch seine Herkunft. Richtig interessant wurde es aber, als ich mit diesen Informationen weitergesucht habe.
Im Zürcherischen Wochenblatt vom 11. Januar 1836 fand ich die folgende "Amtliche Anzeige":
"In Folge erhaltener Anzeige, daß Schreiner Caspar Bölsterli von Oberwinterthur, sesshaft gewesen in Unterstraß, sich von Hause entfernt und niemand kund gethan, wohin er sich verfügt habe, wird derselbe andurch aufgefordert, binnen 4 Wochen, von endsgesetztem Tag angerechnet, zurückzukehren und seinen Gläubigern Rede und Antwort zu geben, unter Androhung, daß ohne dieses seine Entfernung als Schuldenhalber angesehen und Concurs über ihn verhängt würde.
Zürich, den 5. Januar 1836."
Diese Anzeige läßt vermuten, daß Bölsterli nicht ganz freiwillig nach Stuttgart gekommen war. Tatsächlich steckte er nicht nur in wirtschaftlichen Schwierigkeiten, sondern auch sein Privatleben war etwas durcheinandergeraten. Das schließe ich aus einem Gerichtsurteil, das in einem Band der "Beiträge zur Kunde und Fortbildung der Zürcherischen Rechtspflege" erschienen ist. Darin wird ausführlich ein Gerichtsurteil von 1839 aufgrund einer Beschwerde besprochen, die "der in Zürich seßhafte Kaspar Bölsterli, von Winterthur" vor dem zuständigen Bezirksgericht vorgebracht hatte. Dabei geht es um ein Schlichtungsverfahren in der Ehescheidung, die Bölsterli verlangt hatte.
Das glückliche Ende der Geschichte hat dann wohl so ausgesehen:
Abgebrannt und geschieden taucht Bölsterli im Königreich Württemberg auf, um in Warmbronn eine neue Ehe einzugehen und in Stuttgart Deutschlands erste Werkzeugfabrik zu gründen.
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